Auf
einem Informationschild der Bayerischen Forstverwaltung sieht man die
Novemberszene im Stundenbuch Très
Riches Heures
des Duc de Berry, der berühmtesten Buchmalerei des französischen
Mittelalters. Sie zeigt den Austrieb der Schweine in den Wald als Sinnbild des Herbstes.
Die
Eichelmast war in Mitteleuropa eine bis ins 19. Jahrhundert
weitverbreitete landwirtschaftliche Praxis. Hausschweine wurden in
die Eichen- und Buchenwälder getrieben, damit sie sich dort an den
Eicheln und Eckern satt fraßen. Damit wurde ein kerniges Fleisch
erzeugt, das sich besonders für die Haltbarmachung durch Räuchern
eignete. Die Schweine durchwühlen den Boden nach essbaren Wurzeln,
Würmern, Schnecken, Insekten und Kleinsäugetieren. Bei der Suche
nach Nahrung verwühlen sie einen Teil der auf dem Boden liegenden
Eicheln und verschaffen ihnen so bessere Keimbedingungen. Die
Waldweide durch Schweine hat dadurch auch durchaus positive
Auswirkungen für den Wald.
Lichte
„Hutewälder“ aus Eichen, aber auch Buchen und Kastanien,
gehörten seit dem Mittelalter zum typischen Landschaftsbild. Sie
sind heute selten geworden, haben aber eine hohe ökologische
Bedeutung und stehen oft unter Naturschutz.
Die
alten Eichen und Buchen dienen mit ihrem hohen Totholzanteil vielen
seltenen Tierarten, wie z. B. dem Hirschkäfer und einer Vielzahl von
anderen Tieren als Lebensraum.
So
ähnlich könnte ein ehemaliger Hutewald für die herbstliche
Schweinemast mit seinen uralten Eichen heute aussehen
Hirschkäfer
kennt wohl jeder – das sind aber fast immer Männchen.
Hier
ein Weibchen, ebenfalls ein stattliches Tier, ohne die es keine
Männchen mit ihren eindrucksvollen Zangen gäbe. Fotografiert in der
Nähe eines ehemaligen Hutewaldes mit mächtigen Eichen und viel
Totholz.
Heute noch bekannt ist die Eichelmast in Südspanien und Portugal bei dem oft halbwild gehaltenen und in Korkeichen- und Steineichenhainen gemästeten Iberischen Schwein, das den bekannten iberischen Eichelschinken (Jamón Ibérico de Bellota) liefert.
Auch
in Mittelitalien und Kroatien ist die Eichelmast für Schweine eine
wichtige Säule der Landwirtschaft.
Auf
den Eichen wachsen die besten Schinken – unter diesem Motto
entstand 2003 die erste deutsche Eichelmasthaltung von Schweinen in
Unterfranken bei der Stadt Iphofen.
Inzwischen
sind in mehreren Regionen in Deutschland - auch bei uns in
Mittelfranken erfolgreiche Versuche mit der Schweinemast im Wald
gemacht worden. Ich will hier aber nicht für die Gourmets sprechen
oder für die Forstwirtschaft, hier möchte ich nur berichten,
wie ich mich als Tierfreundin gefreut habe, solche weitgehend
artgerecht gehaltenen Schweine im Wald anzutreffen, die mit ihrem
Leben sehr zufrieden schienen. Sie wühlten zusammen mit einem
Kumpel im Boden, lagen in Zweier- oder Dreiergruppen im Schatten und
genossen das frische Wasser, das der Landwirt ihnen gerade brachte.
Schweinehaltung im Wald in Oberlaimbach
Es
gibt viele Tierfreunde, die nicht nur Hunde und Katzen lieben,
sondern auch Nutztiere, die aber nicht auf Fleisch verzichten wollen.
Für sie wäre das Fleisch von diesen Schweinen eine akzeptable
Alternative. Die Schweine haben nicht nur ein artgerechteres,
angenehmeres, sondern auch ein längeres Leben. Je nachdem in welchem
Alter die Haltung im Wald beginnt und wie viel zugefüttert wird,
dauert die Mast länger als im Stall und damit auch das Leben der
Schweine.
Mittleres Schwein:
Cornwall-Schwein
gekreuzt mit Deutschem Edelschwein – daher gefleckt
Die
„Initiative Tierwohl“ die in der zweiten Jahreshälfte 2014
gestartet wurde und zunächst für drei Jahre angelegt ist, ist ein
Versuch, die Schweinehaltung zu verbessern. Landwirte und der
Lebensmitteleinzelhandel werben damit, dass sie daran teilnehmen.
Letzterer zahlt pro verkauftem Kilogramm Fleisch, vier Cent in einen
Fonds – im Jahr 100 Millionen – das Geld kommt jenen
Schweinehaltern zugute, die damit die gesetzlich vorgeschriebenen
Haltungsbedingungen verbessern, wenn sie ihren Tieren mehr
Platz als üblich bieten, Auslauf gewähren und die Gelegenheit
geben, sich zu beschäftigen, zu wühlen oder zu scheuern, aus einer
offenen Tränke zu trinken oder Stroh in der Box zu haben.
Gesetzlich vorgeschrieben ist für ein Schwein z. B. eine Fläche von
0,75 m² pro Schwein, sie kann dann auf 0,90m² erweitert werden.
Welch eine armselige Verbesserung für das Schwein, welch ein
Armutszeugnis für den Tierschutz, dass man solche Verbesserungen
nicht gesetzlich durchsetzten kann, sondern erkaufen muss.
Ein Schwein labt sich in der Sommerhitze an dem frischen Nass
Dr. Beate Buer-Weber