Trotz der lästigen
Hitzewelle gibt es auch Angenehmes, Interessantes und Schönes. Da sind zum
Beispiel unsere Waldwege. Mit Licht und Schatten sind sie ein vielfältiger
Lebensraum.
Weg im Schellerter Wald
Sie sind meist
angenehm kühl, weil Bäume wie natürliche Klimaanlagen arbeiten. Während ihre
Blätter Wasser verdunsten, entsteht Verdunstungskälte. Damit kühlen sie ihre Blätter
und die umgebende Luft ab. Kühle Luft ist schwerer als warme und sinkt deshalb durch
die Krone nach unten, wofür wir bei der Hitze dankbar sind. Ein einfacher
Versuch zeigt das Prinzip: Leckt man sich den Handrücken und pustet über die
feuchte Stelle, verdunstet auch da das Wasser und kühlt dabei die Haut. Das
überzeugt auch Kinder. Natürlich machen die Bäume das nicht uns zuliebe. Die
Verdunstung lässt in den mikroskopisch dünnen Wasserleitungskapillaren der
Stämme einen Sog entstehen, der den Wassertransport mit den Mineralstoffen von
den Wurzeln zu den Blättern antreibt. Mit feinen Geräten kann man messen, dass
dadurch die Stämme ein wenig dünner werden, wie ein Strohhalm, wenn man heftig
an ihm saugt. Bei großer Trockenheit wird der Sog so stark, dass die
Wasserfäden in einzelnen Kapillaren mit einem Knall reißen können (Kavitation),
was man durch Ohr Anlegen hören kann. Unverzichtbar ist die Kühlung auch für
die lebenswichtige Fotosynthese. Werden die Blätter zu warm, funktioniert sie
nicht mehr. Das Problem haben auch unsere Fotozellen auf den Dächern. Sie liefern
bei Hitze weniger Strom.
Das
angenehme Mikroklima der Waldwege gefällt auch einigen Schmetterlingen. Am
auffälligsteder Kaisermantel. Wo nicht gemulcht wurde, blühen jetzt der
Wasserdost und der echte Baldrian.
Kaisermantel auf blühendem Wasserdost
Oft flattern dutzende Kaisermänteln über ihnen. Die Weibchen legen die Eier in die Ritzen
von Baumstämmen. Erst im Frühjahr schlüpfen die Raupen, die von Veilchen und
Mädesüß leben. Immer wieder sieht man Kaisermäntel, mit beschädigten Flügeln,
die aber trotzdem munter fliegen. Täter waren Vögel, die nur ein unverdauliches
Stückchen Flügel erbeuten konnten.
Kleiner als
der Kaisermantel, viel scheuer und seltener ist der Russische Bär. In Ruhe
faltet er seine Flügel in V-Form dachartig zusammen. Dann sieht man nur seine auffällig
schwarz-weiß
gezeichneten
Vorderflügel. Fliegt er los, erscheinen die prächtig karminrot gefärbten
hinteren Flügel.
Russischer Bär auf Wasserdost
Angeblich soll das Angreifer abschrecken. Die Raupen sind
wenig wählerisch (polyphag), finden also immer geeignete Nahrungspflanzen. Sie
überwintern und verpuppen sich erst im nächsten Jahr.
Ein dritter
auffälliger Schmetterling auf Waldwegen ist der Zitronenfalter, zitronengelb sind die Männchen, grüngelb die Weibchen.
Während der Kaisermantel mit ausgebreiteten Flügeln Sonnenwärme tankt, hält der
Zitronenfalter seine zusammengeklappten Flügel in die Sonne.
Zitronenfalter auf Blutweiderich
Er überwintert als Falter und hält
mit Rauhreif überzogen dank seiner Frostschutzstoffe in „Blut“ (Hämolymphe)
selbst strengsten Frost aus.
Meist werden Schmetterlinge höchstens
wenige Monate alt, der Zitronenfalter ein Jahr. Die Raupen leben von den
Blättern des Faulbaumes. Das ist ein unscheinbarer Strauch, der schon einmal
als Forstunkraut galt und im üblichen Gartencenter nicht angeboten wird. Seine mickerigen
Blüten sind bei Wild- und Honigbienen sehr beliebt und wochenlang ihre
Attraktion in unserem Garten. Dann brummt es ständig in unserem Faulbaum. Es
reicht also nicht, nur einen Schmetterlingsflieder zu pflanzen. Die Raupen der
Schmetterlinge müssen auch die richigen Nahrungspflanzen finden. Dann kommen auch Kaisermantel,
Russischer Bär und Zitronenfalter und Wildbienen in die Gärten. Sie sind der Ritterschlag für ihre
Besitzer.
Dr. Friedrich Buer